Martin Raubal, Professor für Geoinformations-Engineering an der ETH Zürich hat mit einem Forschungsteam der ETH Zürich untersucht, wie viel eigener Solarstrom in das Auto geladen werden kann, ohne dabei Verluste bei Komfort oder Flexibilität hinnehmen zu müssen. Das ergebnis der Studie: Selbst ohne Batteriespeicher im Haus kann die Photovoltaik-Anlage über 90 Prozent des Stromverbrauchs des Fahrzeugs decken.
Das Team der ETH Zürich geht davon aus, dass viele Menschen das Laden mit Photovoltaik kritisch sehen, da für die Menschen nicht klar sei, wie oder ob sie ihr Auto verwenden können, wenn es zum Laden den Tag über in der Sonne stehen muss. Doch diese Skepsis sei unbegründet, so die Schweizer Forschenden. «Unsere Ergebnisse zeigen, dass Besitzende von Elektromobilen ihre Autos ohne besondere Einschränkungen nutzen und gleichzeitig zu einem beträchtlichen Teil mit eigenem Solarstrom laden können, dies auch ohne Zwischenspeicher», fasst Henry Martin, Doktorand am Institut für Kartographie und Geoinformation der ETH Zürich, das Hauptergebnis der Studie zusammen.
Die Gruppe ermittelte das Nutzungsverhalten von 78 Elektromobilisten. Alle wohnen in Einfamilienhäusern und nutzen ihr Elektroauto mehrmals täglich. Geladen werden die Autos immer mit 11 Kilowatt. Um die Forschungsfrage, bis zu welchem Grad Elektroauto-Besitzende ihre Fahrzeuge mit dem eigenen Strom der Photovoltaik-Anlage laden können, ohne dabei Einschränkungen im Vergleich zu der Ladung aus Netzstrom hinzunehmen, haben die Forschenden fiktiv Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern der Häuser der Teilnehmenden installiert. Mithilfe von Geodaten, die Dachgröße und mögliche Verschattungen von Bäumen berechnet werden. Zusammen mit historischen Wetterdaten, mit einer Auflösung von 30 Minuten konnten die Forschenden zu jeder Zeit den möglichen Photovoltaik-Ertrag für die Anlagen bestimmen. Da die Ausgangsbedingungen an jedem Haus etwas unterschiedlich sind, unterscheidet sich die abrufbare Leistung der fiktiv installierten Photovoltaik-Anlagen deutlich. Von 5 bis 25 Kilowatt waren alle Leistungsklassen vertreten.
Über einen Zeitraum von zehn Monaten März bis November haben die Forschenden minutiös das Nutzungsverhalten aufgezeichnet. Dabei konnten sie erkennen zu welcher Zeit das Auto geladen wurde und welchen potenziellen Anteil Photovoltaik an der Ladung haben könnte. Dabei wurden vier verschiedene Ladesteuerungsstrategien miteinander verglichen.
Bei der Ladestrategie 1 wurden die Fahrzeuge zum gleichen Zeitpunkt geladen, wie vorher bei der Netzstromladung, allerdings mit Solarstrom, sofern er vorhanden war. In dieser Strategie konnte die Photovoltaik-Anlage nur rund 15 Prozent der benötigten Ladestrommenge aufbringen.
Bei der zweiten Ladestrategie wurde der Effekt einer intelligenten Ladesteuerung untersucht. Dabei wurde der Zeitraum, zu dem die Autos mit der Wallbox verbunden sind, betrachtet. Für gewöhnlich sind diese deutlich länger als nötig, sodass eine intelligente Steuerung das Laden zu einem Zeitpunkt unterdrücken kann, bis Photovoltaik-Strom vom Dach zur Verfügung steht. Mit dieser Ladestrategie war es möglich, die Fahrzeuge zu 56 Prozent mit Solarstrom vom eigenen Dach zu laden. «Der hohe Anteil hat uns überrascht“, sagt Henry Martin, „Smart-Charging kann den Eigenverbrauch von Solarstrom markant erhöhen – und das Fahrzeug lässt sich gleich flexibel nutzen, als würde es mit Netzstrom geladen.»
Bei der Ladestrategie 3 haben die Forschenden das intelligente Steuerungspotenzial voll ausgenutzt und so eine Betankung mit 90 Prozent Solarstrom erzielen können. Das lässt sich erreichen, wenn das Auto immer mit der Wallbox verbunden, wenn es zuhause steht, aber nur dann lädt, wenn Solarstrom vorhanden ist.
Wenn durch einen Speicher Solarstrom vorgehalten wird, kann so zu jeder Zeit geladen werden. Auf diese Weise sind die Autos praktisch nur noch mit Solarstrom unterwegs. Allerdings geben die Forschenden der ETH Zürich zu bedenken, dass der Einsatz von Batteriespeichern einen negativen Einfluss auf die Nachhaltigkeitsbilanz des gesamten Ladesystems haben kann. Das hänge mit den Mengen CO2 zusammen, die bei der Herstellung der Speicher anfallen würden
Artikel: PV Magazine
Hier geht's zur Studie: Renawable and Sustainable Energy Reviews