Die Schweizer Solarbranche aus Sicht des führenden Grosshandelsunternehmen

28.10.2020

Das Jahr 2020 war ein ereignisreiches Jahr in der Photovoltaikbranche. Was stetig begann, bekam mit der Corona Pandemie eine erstaunliche Dynamik und Hektik. Die Wirtschaft wurde kurzum auf den Kopf gestellt und auch die Photovoltaikbranche musste erfahren, wie verwundbar die globalen Lieferketten sein können.

Es zeigte sich auch sehr stark, dass die Dezentralisierung der Energieversorgung sehr viele Vorteile mit sich bringt. Eigener Strom, Unabhängigkeit und intelligentes Strommanagement waren und sind die Kerntreiber für den aktuellen Zubau von Photovoltaikanlagen. Gestützt wird das Wachstum vom nationalen Förderprogramm für Photovoltaik – der Einmalvergütung – welches zumindest aus kleinen und mittelgrossen Anlagen einen Business Case macht.

Als Geschäftsführer, Familienvater und Photovoltaikfreund frage ich mich, ob wir in der Schweiz mit dem Zubau der Photovoltaik auf einem guten Weg sind. Unser internationales Netzwerk innerhalb der BayWa Gruppe, wie auch der Zugang zu den weltweit führenden Herstellern von Photovoltaikkomponenten, versorgt uns mit vielen Informationen zum globalen Zubau von Erneuerbaren Energien in diversen Märkten. Mit der Zustimmung der Bevölkerung zur Energiestrategie 2050 haben wir in der Schweiz die Grundpfeiler gesetzt, die erneuerbaren Energien weiter auszubauen, was unserer Branche wieder Auftrieb verliehen hat. Wir sehen aber gerade im europäischen Kontext, dass der Zubau weit intensiver vorangetrieben wird. Während wir in der Schweiz über Energiegesetze, Förderprogramme und Strompreisgestaltung jahrelang debattieren, wird international mit vollem Elan im grossen Stil zugebaut.

Der jährliche Zubau muss fünf Mal grösser sein

Das «Niedrigstrompreisland» Schweiz zögert mit der Einführung und Umsetzung sowie effizienter Massnahmen um die Netto-Null Emissionsziele möglichst schnell zu erreichen. Dafür muss der jährliche Zubau in der Schweiz fünf Mal höher liegen als heute. Aktuell profitiert die Schweiz von günstigen Energiepreisen an den internationalen Strombörsen. In absehbarer Zeit wird sich das Blatt aber wenden und Energie wird nicht mehr so günstig zur Verfügung stehen.

Die Zeiten, in welchen man über die Sinnhaftigkeit von Photovoltaik diskutieren musste, sind längst vorbei, denn Solarstrom ist global die günstigste Art Strom zu erzeugen. Wir müssen jetzt Massnahmen umsetzen und die Förderinstrumente so gestalten, um den Solarstrom jedermann und -frau zugänglich zu machen. Die wirtschaftliche Attraktivität von Photovoltaikgross- und Industrieanlagen muss für Investoren gesteigert werden, damit das Wachstum weiter beschleunigt werden kann. Denn keine andere Energieform lässt sich in der Schweiz schneller und einfacher ausbauen wie der Strom aus der Sonne.

Fachkräfte sind gesucht

Jetzt ist die Zeit die Zügel selbst in die Hand zu nehmen! Viele haben den Mehrwert und den Nutzen eigener Stromproduktion erkannt. Der Zubau der Photovoltaik steigt im Jahr 2020 an und wird die Rekordmarke von 337 MW aus dem Jahr 2015 deutlich überschreiten und wohl erstmals die 400 MW übersteigen. Um dieses Wachstum in den kommenden Jahren aber weiter aufrecht zu halten, benötigt die Branche dringend Fachkräfte. Einfachere und zusätzliche Wege und Ausbildungsmöglichkeiten, um Menschen in den Bereich der erneuerbaren Energien umschulen und mehr Arbeitsplätze zu schaffen sind nötig. Ansonsten wird es nicht möglich sein, die Netto-Null Emissionsziele früh genug zu erreichen.

Die Möglichkeiten und die Technologie werden derzeit weiterentwickelt. Inzwischen sind der Fantasie, wie Photovoltaik eingesetzt werden kann, keine Grenzen mehr gesetzt. Die Energie der Sonne kann in Fassaden, Geländern, Carports wie auch Bodenbelägen erzeugt werden. Intelligente Managementsysteme können den gewonnenen Strom gezielt Verbrauchern zuführen. Klein- und mittelgrosse Speichersysteme können zu Peak-Shaving-Zwecken in Systeme eingebunden werden. Energiemanagement, welches vor fünf bis zehn Jahren noch vollkommen inexistent war, ist heute einfach umsetzbar.

Solarenergie wird durch die Skaleneffekte noch günstiger

Die grossen asiatischen Modulhersteller der Welt kämpfen kontinuierlich, um weitere Skaleneffekte in ihren riesigen Produktionen abbilden zu können und damit grüne Energie noch wirtschaftlicher zu machen. Dies wiederum ermöglicht innovativen und kleineren Modulherstellern neue Technologien effizient und wirtschaftlich auch lokal produzieren zu können, was wiederum Transportwege und CO2-Footprints verbessert. Ich bin sehr gespannt auf die neuen Technologien wie HIT, Backcontact und Smart-Wiring von schweizerischen und europäischen Unternehmen und freue mich auf diesen zusätzlichen Innovationsschub in der Modulproduktion.

Die Faszination Solarenergie hat bei mir nie nachgelassen. Ich freue mich heute noch über jedes einzelne Modul, welches wir in der Schweiz platzieren dürfen. Inzwischen ist es nicht nur noch Geld vom Dach. Es ist die Energie in ihrer reinsten Form, welche extrem vielseitig genutzt werden kann. Jede Solarzelle, welche installiert wird, ist ein Beitrag für eine nachhaltige Zukunft.

Quelle: Rafael Stadelmann, Geschäftsführer Solarmarkt GmbH

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